Nachlese der Bezirksvertretungssitzung vom 18. Juni 2014

4x im Jahr trifft sich die Bezirksvertretung Josefstadt um Anträge zu beschließen. Da kann es schon einmal später werden, bis die Bezirksvorsteherin alle Anfragen beantwortet hat und bis alle Anträge diskutiert und beschlossen oder auch abgelehnt werden. Die Sitzung am 18. Juni 2014 dauerte bis ca 22 Uhr. 13 Anfragen und 44 Anträge standen auf der Tagesordnung.

Die Anfragen von Grünen, SPÖ und Echt hatten eines gemeinsam: die Kritik am Stillstand und den Versäumnissen der Bezirksvorsteherin. Hier ein paar Beispiele und Auszüge:

  • Was haben Sie (Anm. die Frau Bezirksvorsteherin) unternommen, damit in der SeniorInnenresidenz „Das Hamerling“ eine öffentlich nutzbare WC-Anlage errichtet oder zugänglich gemacht wird?
  • Was haben Sie (Anm. die Bezirksvorsteherin) unternommen, um die am 26. März 2014 beschlossene Erstellung eines „Masterplan-Verkehr für die Josefstadt“ auf den Weg zu bringen und warum wurde bisher noch zu keinem einzigen Treffen eingeladen?

Und so weiter und so fort. In einer sehr prägnanten Wortmeldung hat es diesmal die Klubobfrau der SPÖ übernommen, der Bezirksvorsteherin vorzuwerfen, ihre Energien und ihr Engagement in Projekte zu investieren, die bereits beschlossene Sache sind (wie z.B. die Rettung des Steffel-Blicks) während bei wichtigen Bezirksthemen ebendieses Engagement nicht vorhanden wäre. Dem können wir uns vollinhaltlich anschließen.

Lustig war ja unsere Anfrage zum Masterplan-Verkehr. Dieser Antrag war eine Idee der ÖVP und wurde in der Sitzung am 26. März 2014 einstimmig beschlossen. Ist ja eine gute Idee, zunächst gemeinsame verkehrspolitische Ziele zu erarbeiten und daraus gemeinsam mit den Magistratsabteilungen einen Verkehrsmasterplan für den Bezirk zu erstellen. Wir haben den Antrag daher gerne unterstützt. Passiert ist nichts, nada, rien, nothing! Kurz nach unserer kritischen Anfrage bekommen wir eine Einladung für den 21. Juli 2014, um mit allen relevanten Magistratsabteilungen den Masterplan Verkehr für die Josefstadt zu diskutieren. Kein gemeinsamer Fahrplan, keine gemeinsamen Vorgespräche, was der Bezirk für verkehrspolitisch Ziele verfolgen möchte – nur ein eilig einberufener „Placebo“-Termin mit möglichst vielen Magistratsabteilungen, auf die man sich dann wieder ausreden kann. Die tun mir jetzt schon leid: müssen sich jedes Mal die unterschiedlichen – nein, gegensätzlichen Meinungen der Fraktionen anhören und sollen daraus Projekte realisieren.

Bestes Beispiel dafür: das langwierige Projekt Lange Gasse. Am 10. August 2012 hat die Magistratsabteilung 28 die Pläne für eine Umgestaltung der Lange Gasse vorgelegt. Spätestens seit dem Sommer 2012 ist also bekannt, dass es nach der Umgestaltung einige Stellplätze (je nach Projekt ca 14 bis 20 Stellplätze) nicht mehr geben wird. Dafür bekommen wir eine schönere Gasse, Begrünungen, breitere Gehsteige und Radfahren gegen die Einbahn. Zwei Jahre später ist von alledem noch immer nichts zu sehen. Im Gegenteil: ÖVP und SPÖ einigen sich darauf die BürgerInnen zu befragen, ob lediglich die Straße saniert werden soll. Das hätte die Bezirksvorsteherin schon 2011 machen können. Die Umgestaltungswünsche der Agendagruppe werden nicht berücksichtigt. Die Angst von ÖVP und SPÖ auch nur einen einzigen Stellplatz herzugeben ist offensichtlich so groß, dass sie dafür sogar bereit sind, die schmalen Gehsteige in der Lange Gasse für die nächsten Jahrzehnte im wahrsten Sinne des Wortes „einzubetonieren“! Und das, obwohl bekannt ist, dass die Gemeinde Wien die Lange Gasse zu einer attraktiven Gehverbindung zwischen Kutschermarkt und Mariahilferstraße aufwerten möchte und den Bezirken dafür auch Gelder zur Verfügung stellt. Aber Nein! Die ÖVP möchte lieber alles aus der Bezirksschatulle bezahlen bevor auch nur ein einziger Stellplatz „geopfert“ werden muss.

Wie sehen wir Grüne das Thema?
Für uns gibt es mehrere denkbare Varianten. Der Bezirk hat sich – auch mit den Stimmen der Grünen – zu einer Befragung bekannt. Es ist für uns in Ordnung die Bevölkerung zu befragen, ob die Lange Gasse zu einer reinen autofreien Fussgängerzonen werden soll, oder ob der Autoverkehr weiterhin durch eine verkehrsberuhigte Begegnungszone fließen kann, in der es auch Stellplätze geben soll. Wir haben aber seit Anbeginn der ganzen Diskussion festgehalten, dass eine Befragung über eine Nullvariante (soll alles so bleiben wie es ist) für uns keine akzeptable Option darstellt.

Politische Entscheidungen werden immer umstritten sein, rufen immer Widerstand hervor und erfordern immer politische Standfestigkeit und Rückgrat. Es ist die Aufgabe der Politik, Maßnahmen zu setzen die für eine gesellschaftliche Entwicklung positiv sind und nicht Individualinteressen zu vertreten. Wir haben daher Ende Mai einen Fragebogen an rund 1500 Haushalte in der Lange Gasse verschickt um zu erfahren, was die betroffenen AnrainerInnen gerne hätten. Die Antwort ist eindeutig: 58% sprechen sich für verkehrsberuhigende Maßnahmen aus. Das bestätigt auch die Ergebnisse der ersten (und einzigen) BürgerInnenversammlung zum Thema Lange Gasse vom Oktober 2011, in der deutlich der Wunsch nach Veränderung zu spüren war. Aus unserer Sicht ist eine weitere Befragung nicht erforderlich. Daher haben wir in der letzten Sitzung auch einen Umsetzungsantrag auf Umgestaltung der Lange Gasse zu einer niveaugleichen Begegnungszone gestellt. Wortgleich, so wie das ÖVP und SPÖ in ihrem Antrag „Lange Gasse – erste Etappe“ vom 14. März 2012 formuliert hatten. Doch ÖVP und SPÖ stimmten gegen ihren eigenen Antrag aus 2012.

„Ich danke der Bürgerinitiative für ihr Engagement. Es ist wichtig jetzt die ersten Schritte zu setzen und ich freue mich darauf, mit den Anrainern gemeinsam, das Gesamtkonzept bis 2014 zu verwirklichen.“ Bezirksvosteherin Mickel in einer Presseaussendung am 15. März 2012.

Das kleinliche Geplänkel ist unerträglich und der generelle Trend sowieso nicht aufhaltbar. In der Josefstadt nimmt die Anzahl an angemeldeten KFZ pro Jahr um ca 50 Autos ab. Es gibt rund 300 freie Garagenstellplätze und die weitere Ausweitung des AnrainerInneparkens wird den Parkplatzdruck für die BewohnerInnen weiter reduzieren. Die Lange Gasse wird umgestaltet und verkehrsberuhigt werden und es wird mehr Raum für Kinder und alle Menschen in der Lange Gasse geben! Die Frage ist nicht ob, die Frage ist nur wann. So sehen wir das!

Gerade im Zusammenhang mit der Lange Gasse ist der Beitritt des Bezirks zur „Walk21“, der „Internationalen Charta für das Gehen“ bemerkenswert. Mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ wurde unser Antrag zum Beitritt zur Charta beschlossen. Damit bekennt sich die Bezirksvertretung zu Verbesserungen für den FußgängerInnenverkehr. Wie VP und SP das mit ihrer Position in der Lange Gasse vereinbaren wollen, konnte mir bisher niemand erklären.

Einstimmig wurde unser Antrag zur Markierung der gefährlichen Kante in der Alserstraße 25-29 beschlossen. Immer wieder kommt es dort zu schweren Stürzen von Rad- & MotorradfahrerInnen, da die rund 8cm hohe Kante leicht zu übersehen ist. Die gefährliche Kante in diesem Bereich wird nun so rasch wie möglich deutlich markiert. Im Zuge von künftigen baulichen Maßnahmen soll diese Kante dann überhaupt entfernt werden.

Einen neuerlichen Vorstoß unternommen haben wir zur Verlängerung der Schanigartensaison 2015. In Anbetracht der Tatsache, dass alle unsere Nachbarbezirke bereits ab Mai Schanigärten in die Parkspur stellen dürfen, wollen wir das ab 2015 auch für Josefstadt. Wenn am 16. Mai 2015 der Songcontest in Wien stattfinden wird, darf die Josefstadt nicht der einzige Bezirk sein, in dem es keine Schanigärten gibt, nur weil der „Wirtschaftspartei“ ÖVP die paar Stellplätze heilig sind!

Mit besten Grüßen, Ihr

Alexander Spritzendorfer

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