Die lustige Geschichte einer Gehsteigvorziehung.
Breitere Gehsteige kosten Parkplätze. Daher ist die ÖVP gegen Gehsteigverbreiterungen. Der Parkplatz ist die heilige Kuh der ÖVP – oder zumindest jener Mandatare die den schwarzen politischen Kurs in der Josefstadt vorgeben. Darunter muss sogar die (ehemals) klassische ÖVP-Klientel der Wirtschaftstreibenden leiden: Schanigärten kosten Parkplätze, also muss die Schanigartensaison in der Josefstadt so kurz wie möglich sein. Und während die Lokale aller Nachbarbezirke bereits ihre Gäste in den Schanigärten in Parkspuren bewirten, darf in der Josefstadt geparkt werden.
Am 16. März 2011 beantragen Grüne und SPÖ eine Gehsteigvorziehung in der Josefstädterstraße 39, vor dem ehemaligen Finanzamt. Es geht um 5 Stellplätze. Der Widerstand der ÖVP ist erbittert. Die schwarze Bezirksvorsteherin blockiert die Umsetzung der Maßnahme über ein Jahr. Es werden sogar Unterschriften gegen einen breiteren Gehsteig gesammelt, angeblich über 100. Gesehen haben wir diese Unterschriften nie. Beschwerden gegen den breiteren Gehsteig gab es Null. Ganz im Gegenteil: die vielen FussgängerInnen freut es täglich, sich nicht mehr zwischen Müllcontainern und parkenden Autos durchquetschen zu müssen.
Gegen die Gehsteigverbreiterung, die trotz erbitterten Widerstands der ÖVP Bezirksvorsteherin im Sommer 2012 schließlich doch umgesetzt wird, polemisiert die „Hier-könnte-Ihr-Parkplatz-sein“ Bezirksvorsteherin weiter: In einer BürgerInnenversammlung zur Albertgasse rechtfertigt sie die hohen Baukosten ihres misslungenen Prestigeprojektes „AlbertPROmenade“ so: die Gehsteigvorziehung in der Josefstädterstraße 39 habe „…auch € 100,000.- gekostet!“. In der darauffolgenden Beantwortung unserer schriftlichen Anfrage klang das schon etwas anders: „Ja ich muss mich wirklich entschuldigen, hier ist mir in der Hitze des Gefechtes ein Fehler unterlaufen.“ Tatsächlich hat die Maßnahme in der Josefstädterstraße den Bezirk € 18,000.- gekostet.
Am 20. Juni 2012 wiederholt sich die Geschichte: Grüne und SPÖ beantragen eine Gehsteigverbreiterung in der Lange Gasse 34, vor der „Alten Backstube“, unmittelbar neben der Volksschule Lange Gasse.
Es geht um 5 Stellplätze. Der Widerstand der ÖVP ist erbittert. Dennoch wird die gegen die Stimmen der ÖVP beschlossene Maßnahme im April 2014 umgesetzt. Und jetzt, fast zwei Jahre nach dem Beschluss, den die ÖVP so vehement zu verhindern und dann zu verzögern versucht hat, schreibt Bezirksvorsteherin Mickel die AnrainerInnen an, um sie zu informieren, dass „im Bezirksparlament einstimmig beschlossen wurde, den Gehsteig in diesem Bereich zu verbreitern.“
Wir freuen uns ja sehr über Zustimmung und Lernfähigkeit, helfen dem schwachen Gedächtnis der Bezirksvorsteherin aber mit diesem Auszug aus dem Protokoll der Bezirksvertretungssitzung vom 20. Juni 2012 gerne auf die Sprünge. Das grüne Mäntelchen hängt sich Veronika Mickel gerne um. Die Aufsichtsrätin der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien behauptet sogar „In der Josefstadt ist die ÖVP eigentlich recht grün.“ Hm. „Eigentlich“. Tja. Bei näherer Betrachtung wirkt selbst Ursula Stenzel progressiv gegen Mickel, die inhaltlich einer FPÖ zweifellos näher steht als den Grünen. Aber medial kommt es halt doch nicht so gut zu sagen „In der Josefstadt ist die ÖVP eigentlich recht blassblau“.