Nachlese der Bezirksvertretungssitzung vom 21. September 2016
Die Sitzungen der Bezirksvertretung beginnen jeweils mit den Mitteilungen der Bezirksvorsteherin. Interessant ist dabei weniger worüber sie berichtet, sondern welche Themen sie weglässt. Sensible Themen werden von ihr gerne ausgespart. Wie zum Beispiel die Lange Gasse. Obwohl dieses ebenso wichtige wie sensible Thema der Umgestaltung der Lange Gasse die Bezirkspolitik seit Jahren beschäftigt, herrscht in der Sache Stillstand. Nur auf massives Drängen der AnwohnerInnen fand am 19. September ein Workshop zum Thema der Umgestaltung Lange Gasse statt. Vertreten waren BürgerInnen, die zuständigen Magistratsabteilungen und BezirkspolitikerInnen. Die Ergebnisse des Workshops waren eindeutig: Verkehrsberuhigung und Umgestaltung sollen endlich umgesetzt werden! Doch Bezirksvorsteherin Mickel verlor kein Wort darüber und ließ die Frage, wie es denn nun mit der Lange Gasse weitergehen soll, unbeantwortet. Auf Nachfrage, wie sie die Ergebnisse des Workshops bewerte meinte sie kryptisch: „Ich bin sehr sehr froh, wie der Workshop verlaufen ist.“ Ob dieser Freude auch Taten folgen werden, bleibt offen. Ebenso wie die versprochene und beschlossene BürgerInneninformationsveranstaltung (gemäß Stadtverfassung §104c), zu der sich die Bezirksvorsteherin auf Antrag ihrer eigenen (!) Fraktion bereits am 19. Juni 2013 (!!) verpflichtet hat – wir warten bis heute vergeblich….
Ein weiteres Thema um das die Bezirksvorsteherin gerne einen rhetorischen Bogen macht, ist die Frage der Schanigartensaison. Seit Jahren kritisieren wir die restriktive Regelung in der Josefstadt, die Schanigärten in der Parkspur im September untersagt, während ALLE Nachbarbezirke ihre Schanigärten zumindest bis Ende September aufgestellt lassen dürfen. Gerade in einem kleinen Bezirk wie der Josefstadt liegt es nahe, in die angrenzenden Nachbarbezirke auszuweichen, wenn man bei strahlendem Herbstwetter noch die Lebensqualität im Freien genießen möchte. Für die kleinen, mit viel persönlichem Einsatz und Liebe betriebenen Kaffeehäuser und Wirte, ist der Schanigarten in der Parkspur oft überlebenswichtig. Doch der ÖVP – jene Partei, die sich selbst gerne als „Wirtschaftspartei“ definiert – sind Parkplätze offensichtlich wichtiger als kleine Wirtschaftsunternehmen. Die Interessen der großen Wirtschaftsunternehmen zu vertreten – und das tut die ÖVP definitiv – würde ich als „Kapitalismuskompetenz“ bezeichnen.
Eine kontroverse Diskussion brachte unsere Anfrage, ob Bezirksrat Michael Hemza im Auftrag der Bezirksvorsteherin handle, wenn er als ihr offizieller Vertreter Ehrungen (goldene Hochzeiten, etc.) vornimmt und diesen Anlass dazu missbraucht, den Präsidentschaftskandidaten Prof. Alexander Van der Bellen wahrheitswidrig als „dement“ und „krebskrank“ zu diffamieren. Ich hatte erwartet, dass sich die Bezirksvorsteherin von solchen Aussagen deutlich abgrenzen würde. Doch das Gegenteil war der Fall: Mickel machte Michael Hemza trotz dieser massiven Vorwürfe die Mauer und wird den umstrittenen Bezirksrat mit FPÖ-Vergangenheit auch weiterhin in ihrem Namen agieren lassen. („Was meine zukünftigen Vertretungen bei Ehrungen betrifft, so möchte ich die bisherige Praxis beibehalten, sie hat sich aus meiner Sicht sehr bewährt.“) Vielmehr rechtfertigte sie das Verhalten Hemza´s damit, dass auch die Grünen schlecht über Mickel geschrieben hätten und argumentierte mit einem Artikel im Grünen Journal aus dem Jahr 2012: „Ich möchte aber auch bitten, dass die Maßstäbe gleiche sind. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, ich war hochschwanger, war bis zur letzten Minute im Amt und plötzlich gabs ein Grünes Journal in dem stand `Mickel ist im Eck´ und lässt sich nur mehr vertreten, weil sie offensichtlich nicht mehr kann. Wenn wir schon keine Diffamierungen wollen, dann würde ich ersuchen, dass das auch für alle Fraktionen zu gelten hat.“
Den (untragbaren?) Artikel im Grünen Journal vom Mai 2012, mit dem Mickel das (untragbare!) Verhalten von Bezirksrat Michael Hemza zu rechtfertigen versuchte, können Sie hier nachlesen. Machen Sie sich selbst ein Bild. Schon damals haben wir die häufigen Vertretungen der Bezirksvorsteherin durch den umstrittenen Bezirksrat Michael Hemza mit seiner einschlägigen FPÖ-Vergangenheit heftig kritisiert.
Geradezu als Provokation erscheint in diesem Zusammenhang die Mitteilung der Bezirksvorsteherin, dass sie ausgerechnet Michael Hemza als Beauftragten für Menschen mit Behinderungen präsentierte. Jenen umstrittenen Bezirksrat der durch wahrheitswidrige Behauptungen einen Kandidaten diffamiert und damit Wahlwerbung für den Kandidaten jener Partei macht, die Menschen mit Behinderungen das Wahlrecht überhaupt absprechen wollen! (-> nachzulesen z.B. hier)
Straßenbahnlinie 5
Bereits im Mai 2012 hatten wir eine Anfrage zu den Verzögerungen der Straßenbahnlinie 5 mit brisanten Fragen eingebracht. Doch der damalige ÖVP-Vorsitzende Florian Mauthe hat die Anfrage ganz einfach nicht zugelassen. Unangenehme Anfragen an die Bezirksvorsteherin wie Fragen nach ihrer Funktion als Aufsichtsrätin der Raiffeisen Landesbank Wien-NÖ (trotz eines Berufsverbots für Bezirksvorsteher gemäß Stadtverfassung) werden einfach nicht zugelassen und abgeschmettert. Das mussten wir auch in dieser Sitzung wieder erfahren: während die Resolution zur Beibehaltung der Mindestsicherung im 3. Bezirk mehrheitlich beschlossen wurde, hat der ÖVP-Vorsitzende die selbe Resolution im Josefstädter Bezirksparlament nicht zur Abstimmung zugelassen. Mit ÖVP-eigenen Anträgen ist der Vorsitzende da weniger heikel. Immer wieder gelangen Anträge der ÖVP zur Behandlung im Bezirksparlament, die gar nicht in die Kompetenz des Bezirkes fallen und somit abzuweisen wären.
Aber zurück zur Linie 5. Die Behinderungen der Bim haben ihre Ursache in erster Linie im Autoverkehr. Staus und schlecht geparkte Autos, die die Bim am Vorbeifahren hindern sind die Hauptursachen für Verzögerungen der Straßenbahn. Unser Vorschlag seit Jahren: die handvoll problematischer Stellplätze – es sind immer die selben bekannten Orte wie z.B. vor der Blindengasse 10 – zurückbauen und durch breite, bequeme Gehwege ersetzen. Vor der Blindengasse 10 könnte ein Baum gepflanzt werden. In einem Schreiben der MA28 vom 30. Mai 2014 heißt es dazu: „In der Blindengasse 10 ist aufgrund des Rücksprunges der Fassade eine Baumpflanzung möglich. Die MA28 bittet um Rückmeldung, ob für den Bereich Blindengasse 10 eine Projekts- & Einbautenbesprechung abgehalten werden soll.“ Doch nein, die ÖVP hält hartnäckig an jedem Stellplatz fest und lässt eine Warnblinkanlage einbauen, die Falschparker auf ihre potentielle Behinderung der Bim hinweisen soll. Die Skepsis gegen dieses (teure) Warnblinksystem war von Beginn an groß. Bereits am 19. Mai 2014 informierte die zuständige Stadträtin die Bezirksvorsteherin, dass „..diese Testphase hat jedoch auch gezeigt, dass es sich nicht um ein volleinsatzfähiges System handelt.“ Der Testbetrieb in der Blindengasse hat zwar bewiesen, dass die Behinderungen reduziert werden konnten (von 15 Einsätze im Jahr 2015 auf 7 Einsätze im Jahr 2016) aber das eigentliche Problem dadurch keineswegs gelöst ist. Und jede Minute Verzögerung des öffentlichen Verkehrs bringt Folgekosten von rund € 10,000.-!
Überlappungszone der Parkraumbewirtschaftung Neubau-Josefstadt
Bereits am 24. Juni 2015 haben wir einen Antrag auf Überprüfung einer Überlappungszone zwischen der Josefstadt und Neubau eingebracht. Es sollte endlich ein Ende haben, dass die BewohnerInnen entlang der Lerchenfelderstraße mit ihrem Parkpickerl jeweils ausschließlich auf einer Straßenseite einen legalen Stellplatz suchen dürfen. Ein knappes Jahr später reagierte die ÖVP auf unseren Antrag: am 27. April 2016 erschien in der Bezirkszeitung ein Artikel „Wir wollen den Parkplatzsuchenden zur Seite stehen, eine Überlappungszone bietet sicher mehr Chancen bei der Parkplatzsuche,“ sagt Josefstadts Bezirksvorsteherin Veronika Mickel-Göttfert von der ÖVP. Derzeit werden noch Details zur Überlappungszone zwischen den Bezirken geklärt. Wann es dann soweit ist, ist noch unklar.“
Auf eine Anfrage kommentierte die Bezirksvorsteherin den Stand der Verhandlungen zur Überlappungszone am 29. Juni 2016 folgendermaßen: „Ich stehe der Überlappungszone sehr positiv gegenüber, bin hier auch mit Herrn Blimlinger in gutem Einvernehmen. Es waren nur 2 Dinge die – vor allem ich – dann geklärt haben wollte und das hat einfach länger angedauert. (…) Diese Zahlen haben wir relativ flott bekommen über die MA18. (…) Das eine ist die Frage, wie viele Autos haben die Leute im Durchschnitt, wie viele Leute wohnen in dem Grätzel der Anfrage und wie viel Parkplatz ist annähernd verfügbar und das muss ja auch in einem Verhältnis stehen, um fair zu sein. (…) Die Zahlen sind jetzt da und ich bin gerne bereit, dass wir dann im September gemeinsame Sache machen und jetzt auch schon über den Sommer die weiteren Vorbereitungsarbeiten zu machen.“
Der September zog ins Land, allein die Ankündigung von Frau Mickel verhallte ebenso tatenlos wie schon so oft zuvor. Man kann den Eindruck gewinnen, dass zwischen dem 29. Juni und dem 21. September genau gar nichts passiert ist. War ja auch ein schöner Sommer. Um die Bezirksvorsteherin an ihre eigenen Ankündigungen zu erinnern, haben wir eine schriftliche Anfrage eingebracht und nachgefragt, was aus den „weiteren Vorbereitungsarbeiten“ geworden ist, um „dann im September gemeinsame Sache“ machen zu können. Die kurze Antwort ist: Nichts. Im NLP-Sprech der ÖVP klingt das dann so: „… aber uns fehlen gewisse Daten, welche da wären, die zugelassenen Fahrzeuge im besagtem Gebiet. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, läge die Josefstadt da etwas im Vorteil…“
Mickel im April 2016: „Derzeit werden noch Details zur Überlappungszone zwischen den Bezirken geklärt.“
Mickel im Juni 2016: „Die Zahlen sind jetzt da…“
Mickel im September 2016: „Es hat eine entscheidende Zahl gefehlt…“
Am 29. September 2016 wurde das Zahlenmaterial der Magistratsabteilungen endlich auch an die Mitglieder der Mobilitätskommission übermittelt. Die beiden Unterlagen sind datiert mit 27.04.2016 und 28.06.2016. Nicht böse sein, aber Zahlenmaterial von April bis September nicht an die BezirksrätInnen weiterzuleiten und dann keckerweise zu behaupten, es hätten Zahlen gefehlt, ist schon bemerkenswert und zeigt, was sich hinter den NLP-Floskeln der Bezirksvorsteherin („Eine konstruktive politische Zusammenarbeit aller Parteien liegt mir besonders am Herzen..“) in Wahrheit verbirgt.
Die nächste Sitzung der Bezirksvertretung, in der wir die Bezirksvorsteherin mit Sicherheit wieder an ihre eigenen Versprechen, Zusagen und Aussagen erinnern werden, um die so wichtigen und anstehenden Veränderungen im kleinsten Bezirk der Weltstadt Wien voranzutreiben, findet am 30. November 2016 ab 17:00 Uhr im Amtshaus am Schlesingerplatz 4, im 3. Stock statt. Die Sitzung ist öffentlich und wir freuen uns über alle, die sich einen persönlichen Eindruck über die Bezirkspolitik in der Josefstadt machen! Für Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung (alexander.spritzendorfer@gruene.at) und freue mich auf Ihre Nachricht, Kritik, Lob oder was Ihnen am Herzen liegt!
Ihr, Alexander Spritzendorfer
Danke für den Bericht. Schade das mit der Überlappungszone nichts weitergeht, wie gerade gelesen. Bitte dranbleiben und die unlustigen Verhinderer weiterhin zu Entscheidungen drängen. Es ist ja eine Idee, die Umwelt zu schonen, den Suchverkehr zu dezimieren. Beste Grüße, Emberger
Das wird schon was! Wir bleiben dahinter. Aus Neubau weiß ich, dass die Idee dort auch auf positive Reaktionen stößt. Dass der Parkplatzsuchverkehr ein CO2 Problem darstellen würde, ist allerdings eine Mär. Alles Liebe, Alexander Spritzendorfer
Sind Bezirksräte wie dieser seltsame Herr Michael Hemza auch imun ?
Nein, erst ab der Gemeinderatsebene haben Abgeordnete Immunität.