Wie weit geht’s, noch ÖVP? „Gestern standen wir noch vor dem Abgrund, heute sind wir schon einen Schritt weiter.“

Vor über einem Jahr sagte Ursula Stenzel in einem Interview für die Presse: „Man muss wissen, warum die ÖVP überhaupt auf der Welt ist. Mir dauert die Schocksekunde schon zu lang.“ An dieser treffenden Analyse hat das vergangene Jahr wenig geändert. Im Gegenteil.

In Zeiten wie diesen ist es wirklich nicht leicht, ein Schwarzer zu sein. In Wien ist die ÖVP auf Umfragewerte im einstelligen Bereich unter die Wahrnehmungsgrenze gesunken und von Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer bis Ex-Shootingstar Harald Himmer (der vor kurzem noch Wiener Parteichef werden wollte) kämpft die „Partei der Wirtschaftskompetenz“ gegen massive Korruptionsvorwürfe. Die Partei beschimpft ihre eigene Justizministerin und verstrickt sich in Verschwörungstheorien. Politische Impulse der ÖVP sind selten geworden. Alles soll so bleiben wie es ist. Das einzige was sich ändert, ist das Personal, das sich mit einem wirklich sehenswerten „Neustart Video“ eindrücklich vorstellt. Kein Wunder, dass zu bemerkenswerten Mitteln gegriffen werden muss, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht.

Auch der ÖVP Josefstadt geht es nicht anders. Ohne den internen Streit bei den Grünen wären die Schwarzen nie stärkste Fraktion in der Josefstadt geworden. So wird aus einem potentiell schwarzen Vorzeigeprojekt ein kleinlautes Rückzugsgefecht der mutlosen Besitzstandswahrer: nur keine Veränderungen!

Der schwarzen Bezirksvorsteherin fehlt eine tragfähige Achse ins rotgrüne Rathaus und während die ganze Welt an zukunftsweisenden urbanen Mobilitätskonzepten arbeitet, wirft sie sich in jede einzelne Parklücke, als hätte sie Benzin im Blut. Dafür bleibt der angekündigte Schwerpunkt für FussgängerInnen heiße Luft.

  • die bereits im März 2011 beschlossene Gehsteigverbreiterung vor dem Finanzamt in der Josefstädterstraße 39 wurde bis heute nicht umgesetzt. Mickel hat bis zuletzt alles daran gesetzt, diese Maßnahme zu verhindern.
  • die baulichen Veränderungen in der Schönborngasse bringen einen breiteren Gehsteig und ermöglichen das Radfahren gegen die Einbahn. Bis heute warten wir auf die Umsetzung dieser beschlossenen Maßnahme.
  • City-Bike-Anlagen für den Bezirk? Obwohl die City-Bike-Betreiber massives Interesse an weiteren Standorten in der Josefstadt haben und die Stadt Wien die Errichtungskosten mit 75% fördert, hat die ÖVP bisher jede Initiative für weitere City-Bike Anlagen schubladisiert.
  • Die Neugestaltung des Platzes vor der Schule Zeltgasse wird aufgeschoben, weil die Bezirksvorsteherin nicht bereit ist, den Gehsteig auf die vorgeschriebenen 2 Meter zu verbreitern und einen 1,5 Meter breiten Radweg zu markieren. Diese Verbesserungen würden zwei Stellplätze kosten.

Aus dem „Stillstand mit einem freundlichen Lächeln“ ist ein etwas erstarrtes Grinsen geworden hinter dem pure Ratlosigkeit erkennbar wird. Dabei wäre ein grundlegend neues Bild der Stadt der Zukunft zu entwerfen und zu realisieren. Mickel kann aber auch in ihren anderen Funktionen gut heiße Luft ablassen: als Sprecherin der Wiener ÖVP-Frauen begrüßt sie ein „Reissverschlusssystem für alle Wahllisten auf europäischer Ebene“. In der Josefstadt gibt es dieses Reissverschlusssystem natürlich nicht. Gerade einmal 2 der 12  schwarzen BezirksrätInnen sind Frauen.

Für die Josefstadt ist dieser Stillstand bedauerlich: der BürgerInnenbeteiligungsprozess Lebensraum Lange Gasse droht zur Farce zu werden, jede noch so kleine Verbesserung für das Radwegehauptnetz ruft vorprogrammierten schwarzen Widerstand hervor, jeder einzelne PKW-Stellplatz ist wichtiger, als Raum und Komfort für die FussgängerInnen im Bezirk. Beim einstimmigen Beschluss zu einem neuen Flächenwidmungsplan stellt sich Mickel sogar gegen ihre eigene Fraktion und versucht Beschränkungen, die darauf abzielen Geschäftslokale zu erhalten, statt ebenerdige Garageneinfahrten zu bauen, abzuschwächen.

Im Standard vom Sommer 2011 meinte der ehemalige ÖVP Pressesprecher Herbert Vytiska „die ÖVP hat sich mit dem Herumgrundeln abgefunden“.

Das ist der richtige Zeitpunkt für die Zivilgesellschaft für bessere Politik und eine bessere Demokratie einzutreten. Auf in den Unruhestand, MutbürgerInnen von Wien!

Alles Liebe, Ihr

Alexander Spritzendorfer

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