Nachlese der Bezirksvertretungssitzung vom 24. Juni 2015  

Eine Bezirksvertretungssitzung ist ganz interessant um zu erleben, wie die politischen Kräfte im Bezirk so ticken. Leider verirren sich nur wenige BesucherInnen in die Sitzungen, um den Anfragen, Anträgen und Diskussionen der Fraktionen zu folgen.
In der vorletzten Sitzung vor der Wahl am 11. Oktober haben wir zahlreiche Anträge eingebracht und an eine ganze Reihe von nicht umgesetzten Anträgen und gebrochenen Zusagen erinnert.

Im Zentrum der Debatte stand einmal mehr die umstrittenen Doppelrolle der Bezirksvorsteherin als Raiffeisen Aufsichtsratsmitglied. Der ÖVP sind unsere diesbezüglichen Nachfragen merklich unangenehm. Daher wird zu einem einfachen Geschäftsordnungstrick gegriffen: der Vorsitzende der Bezirksvertretung (natürlich ein ÖVP-Mandatar) lässt alle Anträge und Anfragen zur Causa Raiffeisen einfach nicht zu. Wir halten die Regelung in der Stadtverfassung, die Bezirksvorstehern ein Berufsverbot auferlegt für eindeutig: die Intention dieser Bestimmung ist es, Bezirksvorsteher aus sämtlichen Interessenkonflikten herauszuhalten und Sorge dafür zu tragen, dass 100% der Arbeitszeit dem Bezirk gilt. Diese Aspekte werden von der ÖVP, die ja ein klassisches Naheverhältnis zur Raiffeisen hat, einfach ignoriert und ausgesessen. Mich stärkt die Hoffnung, dass diese unappetitliche Vermischung von Funktionen selbst von bürgerlichen WählerInnenschichten nicht goutiert wird und zur Abwahl der Raiffeisen-Bezirksvorsteherin führen wird! Damit unsere Arbeit nicht ganz umsonst ist, hier und hier unsere (vom ÖVP Vorsitzenden nicht zugelassenen) Anträge in der Causa Raiffeisen im Wortlaut. Besonders pikant: die Bezirksvorsteherin beruft sich auf eine Stellungnahme der Magistratsdirektion, die sie uns aber nicht zukommen lassen möchte. Was da wohl genau drinnensteht? Soviel zum Thema „Transparenz“. Wir lassen hier auch nicht locker. Unser Bezirk braucht eine echte Volksvertretung und keine Bankenaufsichtsrätin! Auch dazu gibt es hier einiges nachzulesen.

Richtiges Wahlkampfgetöse von ÖVP und SPÖ gab es bei unserem Antrag auf Überprüfung einer Begegnungszone für ein Bezirkszentrum am Josef-Matthias-Hauer Platz vor dem Café Hummel. Einem gleichlautenden Antrag hatten ÖVP und SPÖ bereits im März 2012 zugestimmt! Damals ersuchte uns die zuständige Magistratsabteilung vor einer Überprüfung die Erstellung eines Kriterienkatalogs für Begegnungszonen abzuwarten. Dieser liegt seit Oktober 2014 vor. Passiert ist seither nichts. Wir wollen den gemeinsamen Ideenfindungs- & Planungsprozess für ein Bezirkszentrum in der Josefstadt vorantreiben. Nur mit den Grünen geht in dieser Sache etwas weiter!

In Absprache mit Bezirksvorsteher Blimlinger im 7. Bezirk haben wir einen Antrag auf Überprüfung einer Überlappungszone zwischen Josefstadt und Neubau gestellt. Den Nachteil, den die AnrainerInnen und Geschäftsleute der Lerchenfelderstraße haben, die jeweils nur auf einer Seite der Straße parken dürfen, wollen wir durch eine Überlappungszone für das Parkpickerl etwas abmildern.

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Die Wahrheit hinter der fahrradfreundlichkeit der Bezirksvorsteherin.

Radfahren in der Josefstadt
Viereinhalb Jahre hat die Bezirksvorsteherin und ihre ÖVP-Fraktion jede einzelne Maßnahme zur Verbesserung für den Radverkehr in der Josefstadt abgelehnt, boykottiert und verhindert. Jetzt, kurz vor der Wahl, entdeckt auch sie ihr Herz für die RadlerInnen und lässt gelbe Sattelschoner verteilen. Auf Kosten des Bezirks, wohlgemerkt. Aber so genau nimmt es die Bezirksvorsteherin mit der Trennung von Funktionen und Kassen nicht (siehe Raiffeisen-Aufsichtsrätin). Inhaltlich nehmen wir die neu entflammte Zuneigung für Verbesserungen im Radwegenetz erst und haben mit einem umfangreichen Antrag in der Bezirksvertretungssitzung ein „Radpaket für die Josefstadt“ beantragt. Es wurde in die Verkehrskommission entsorgt.

Bereits am 22. Juni 2011 beschäftigt sich das Bezirksparlament auf Antrag der Grünen mit dem Thema „Verbesserungen für den Radverkehr in der Josefstadt“. Im Antragstext wird die Bezirksvorsteherin ersucht, über die Ergebnisse in der Verkehrskommission zu berichten. Diesem Ersuchen ist sie bis heute nicht nachgekommen. Am 19. Januar 2012 legen die Grünen einen 17 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog für den Radverkehr in der Josefstadt vor (Artikel in der Bezirkszeitung, Februar 2012). Von den 17 Punkten sind vier Jahre später nach wie vor 15 offen und unerledigt!

Mittlerweile ist es bestens dokumentiert: die Bezirksvorsteherin hat jede Maßnahme zur Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr verzögert, blockiert oder verhindert:

Bereits am 1. Februar 2011 – also nur kurz nach ihrem Amtsantritt – wurde sie aktiv, um eine in der vorangegangenen Periode beschlossene Maßnahme (Radfahren gegen die Einbahn in der Schönborngasse) zurückzunehmen und beauftragte ihr Büro, ein Mail an die MA46 zu schreiben:
„Nach Rücksprache mit der Bezirksvorsteherin darf ich Ihnen mitteilen, dass wir (…) sowohl vom Projekt RgE (in der Schönborngasse) als auch von der Verlegung der Längsparkordnung vom Gehsteig Abstand nehmen möchten. Daher bitten wir Sie beide Projekte zurückzustellen.“ 

Auf die Frage, ob die Bezirksvorsteherin die Umsetzung von Radfahren gegen die Einbahn in der Schönborngasse verhindert habe, antwortete sie in der Sitzung am 22. Juni 2011.
„Ja, ich habe mit der zuständigen Dienststelle gesprochen und zwar über Optimierungsmaßnahmen für Fußgänger und Radfahrer, die mir persönlich sehr am Herzen liegen. Die Kosten beider Optimierungsmaßnahmen würden sich auf € 10,000.- belaufen und das Budget sieht für so eine Maßnahme keine Bedeckung vor. Bin aber gerne bereit über diese Maßnahme in einer VK zu diskutieren.“ (BV Mickel 22.06.2011)

In einem Schreiben der Magistratsabteilung 46 vom 15. November 2012 heißt es: „Seitens der Bezirksvorstehung wurden alle Vorschläge, die eine Verbesserung für den Radverkehr waren, abgelehnt.“

Die Josefstadt wurde 2012 vom Kuratorium für Verkehrssicherheit zum „fahrradfreundlichen Bezirk“ ausgezeichnet. Das ist erfreulich und dieser Kurs hätte auch weiter verfolgt werden sollen. Statt sich auf den Projekten ihres Vorgängers auszuruhen, hätte die Bezirksvorsteherin ja auch den Ausbau der Radinfrastruktur vorantreiben können. Das Gegenteil war der Fall, was auch die Frage beantwortet, warum es für die Josefstadt in den Folgejahren 2013 und 2014 keine weiteren Auszeichnungen des KFV gab. Wir wollen hier anpacken und FußgängerInnen und Radfahrerinnen mehr Platz geben und dadurch gleichzeitig weniger Durchzugsverkehr durch den motorisierten Individualverkehr erreichen!

City-Bike Anlagen in der Josefstadt

Am 30. November 2011 bringen die Grünen einen Antrag zum Ausbau der City-Bike Stationen in der Josefstadt ein. Wenig später präsentiert die Gewista ihre Vorschläge für geeignete Standorte: „Aus Sicht der Gewista würde sich die Pfeilgasse (beim StudentInnenwohnheim) oder der Jodok-Fink-Platz gut eignen.“ Die Kosten für die Errichtung einer City-Bike Anlage werden zu 75% von der Stadt Wien übernommen, lediglich 25% der Kosten sind vom Bezirk zu übernehmen. Das Thema wird in Ausschüssen und Kommissionen zerredet, passieren tut nichts. Am 2. Mai 2013 wird in der Bezirksentwicklungskommission ein Antrag der Grünen (197321/13) besprochen:

Die zuständige Magistratsabteilung der Stadt Wien (MA28) wird ersucht, alle notwendigen Schritte einzuleiten, um die baldige Errichtung einer City-Bike-Anlage am Standort Pfeilgasse vor dem Pfeilheim, sowie vor dem McDonalds in der Albertgasse 28 umzusetzen.“
In der Diskussion empfiehlt der Vertreter der Gewista neuerlich den Standort vor dem Pfeilheim für eine City-Bike-Anlage und schließlich wird in der Bezirksvertretungssitzung am 19. Juni 2013 der Antrag 1500/2011 betreffend Errichtung einer City-Bike Station im Bereich Pfeilgasse 1 einstimmig beschlossen. Macht ja auch Sinn: das Pfeilheim ist nicht nur voller Studentinnen und Studenten, die sich gerne mit dem Fahrrad bewegen, es liegt auch an der fahrradfreundlichen Straße Pfeilgasse-Zeltgasse mit einer Frequenz von über 1000 RadfahrerInnen pro Tag. Umgesetzt ist der Beschluss bis heute nicht!

Bereits am 21. März 2012 schrieb ich in einem Blogeintrag:
„City-Bike-Anlagen für den Bezirk? Obwohl die City-Bike-Betreiber massives Interesse an weiteren Standorten in der Josefstadt haben und die Stadt Wien die Errichtungskosten mit 75% fördert, hat die ÖVP bisher jede Initiative für weitere City-Bike Anlagen schubladisiert.“
Der Eintrag hat in den vergangenen drei Jahren nichts an seiner Aktualität verloren. Leider.

 

„Die Währung der Demokratie ist die Information.“ (Thomas Jefferson)

Wenn man das Zitat von Thomas Jefferson erst nimmt, dann steht es nicht gut um unsere Demokratie. Wir haben immer wieder kritisiert, dass die Bezirksvorsteherin die Josefstädter und Josefstädterinnen für dumm verkauft und wissentlich falsch informiert. (siehe dazu auch die Geschichte um die Rettung des Steffl-Blicks sowie die Nachlese der BV Sitzung vom März 2015) Am 28. Mai hat die ÖVP-Bezirksvorsteherin eine Pressekonferenz gegeben und unter dem Titel „Gesagt, getan!“ ihre Bilanz 2010 bis 2015 vorgelegt. Mich hat das ein wenig gewundert, weil ein paar Monate sind es noch bis zur Wahl und ich habe mich immer gefragt, was wird sie bis zur Wahl noch aus dem Hut zaubern. Jetzt haben wir die Antwort: Nichts! Also vier Monate vor der Wahl hat Frau Mickel ihr Bilanzpressekonferenz gegeben. Naja, jetzt kommt ja auch der Sommer, danach ist Wahlkampf und dann wird’s möglicherweise „eh keine ÖVP Bezirksvorsteherin mehr geben“ (Zitat eines ÖVP Insiders!), also kann man eh ruhig schon Ende Mai mit dem Arbeiten aufhören, eine Bilanz ziehen und die Übersiedlung in den Raiffeisen-Konzern vorbereiten. Ich habe mir die Pressekonferenz natürlich angesehen: wirklich sehr nett, viele schöne Worte, eine Presseinformation und sogar eine Broschüre „Gesagt, getan!“ und ich habe mir gedacht, wir schauen uns das einmal genauer an, was aus Sicht von Frau Mickel ihre Bilanz ist und was davon einem Reality Check standhält:

Check 1: „92% aller Vorschläge, Forderungen und Projektideen wurden umgesetzt.“
Eine schlicht und einfach falsche Behauptung. Ich habe mir einmal angesehen welche Projekte alle nicht umgesetzt wurden und eine Liste erstellt. Nach schneller Durchsicht komme ich auf schon auf 100 unerledigte Anträge. Lange Gasse, Bettauer Platz, Lärmschutzmaßnehmen am Uhlplatz oder WLAN im Amtshaus. Lauter leere Ankündigungen, passiert ist nichts davon. Per se kann man wohl auch von niemandem erwarten, alle Ideen umzusetzen, aber so zu tun als wäre das der Fall, halte ich einfach für unredlich. Es scheint die Think-Tanks der ÖVP setzen darauf, dass die WählerInnen angeschmiert werden wollen. Damit wollen wir nichts zu tun haben! Unser Stil ist eine Politik mit offenem Visier und einem Umgang auf Augenhöhe mit den Anliegen der Bevölkerung.

Wo es schon ein wenig problematischer wird, ist die vermeintliche „Gemeinsamkeit“ die immer so in den Vordergrund gestellt wird. Ich würde mir eine solche Gemeinsamkeit ja wirklich sehr wünschen, weil ich davon überzeugt bin, dass dieses parteipolitische Hickhack auf Bezirksebene wirklich niemanden interessiert. Als Bürger dieses Bezirks erwarte ich mir, dass die Gemeinsamkeiten gesucht werden und im Sinne aller BezirksbewohnerInnen gute Ideen und Projekte auf den Weg gebracht werden. In Wirklichkeit redet die ÖVP gerne von dieser Gemeinsamkeit über alle politische Grenzen hinweg, aber leider gilt auch hier, dass offensichtlich „das Erzählte reicht und nicht das Erreichte zählt“. Das letzte Mal, dass uns Frau Mickel zu einem Ideenaustausch eingeladen hat, war am 17. Oktober 2013 (!!). Damals ging es um die geplante Einbahnumdrehung in der Lange Gasse, für die es einen einstimmigen Bezirksbeschluss gibt! Kurz nach diesem Gespräch habe aus der Zeitung erfahren, dass diese Idee „vom Tisch“ sein. Obwohl wir in diesem Gespräch festgehalten haben, dass wir das gerne – so wie beschlossen – ausprobieren würden. In der Bilanzbroschüre liest sich das dann so: „Eine konstruktive politische Zusammenarbeit aller Parteien liegt mir besonders am Herzen und ist auch gelungen.“ Naja, auch das hat seine gute Seite, mittlerweile haben wir für die Lange Gasse eine viel bessere Ideen entwickelt, als die langweilige Einbahnumdrehung.

Check 2: „Lebensqualität: Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung Josefstädter Straße wurde gesichert.“
Ich halte es für ein Armutszeugnis die Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung als zentralen Punkt in der Rubrik „Lebensqualität“ anführen zu müssen. Inhaltlich haben wir die Finanzierung auch immer mitgetragen, wobei unsere Kritik immer darin bestanden hat, dass auch diese Finanzierung eine Umverteilung von unten nach oben darstellt. Während die kleinen HändlerInnen ihren finanziellen Beitrag zur Weihnachtsbeleuchtung bezahlen, entziehen sich die großen Ketten wie Erste Bank, McDonalds, Spar, Bilka und wie sie alle heißen völlig und zahlen einfach nicht mit. Mit dem Effekt, dass dann der Bezirk bei der Finanzierung einspringen muss. In der Bezirkszeitung der ÖVP inseriert z.B. die Erste Bank hingegen sehr wohl. Auch eine Form der Umverteilung.

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Dieser Eingang zum Kinderspielplatz Bennopatz ist z.B. mit Kinderwagen unbenutzbar. Daher wollten wir für diesen einen Stellplatz ein Parkverbot. Doch der Erhalt des Stellplatzes war ÖVP und SPÖ wichtiger…..

Check 3: „Für Kinder und Familien“
Die Josefstadt zu einem kinderfreundlichen Bezirk zu machen, ist vermutlich ein Anliegen, das alle politischen Fraktionen unterstützen. Umso bemerkenswerter finden wir, dass der Erhalt von Parkplätzen offensichtlich noch wichtiger ist: ein Antrag auf ein Parkverbot beim Eingang der Nebenfahrbahn zum Kinderspielplatz am Bennoplatz (betroffen wäre ein Stellplatz!!) wurde von ÖVP und SPÖ abgelehnt. Der Eingang bleibt z.B. mit Kinderwagen unbenutzbar und auch alleine wird es eng. Kinderfreundlich gibt man sich gerne, im Zweifel vertreten die Großparteien aber die Interessen der Autofahrer.

Die Liste lässt sich problemlos ergänzen und verlängern. Wir Grüne machen das besser, versprochen! Danke fürs lange Durchhalten, beim Lesen meiner Ausführungen, sagt Ihr

 

Alexander Spritzendorfer
mailto:alexander.spritzendorfer@gruene.at; 0664-2046360

P.S: Ich freue mich über Rückmeldungen, Lob, Kritik, Anregungen und auf Ihre Ideen und Meinung!

P.P.S: Eine Übersicht aller eingebrachten Anträge finden Sie hier.

2 Responses to “Nachlese der Bezirksvertretungssitzung vom 24. Juni 2015  ”

  1. Emberger sagt:

    Hallo, danke für die Überlappungszonen-Idee. Es werden von den betroffenen Geschäften in der Lerchenfelderstrasse bereits Unterstützungsunterschriften dazu gesammelt.
    Beste Grüße, Emberger

  2. alexander sagt:

    Auch Neubau wird einen entsprechenden Antrag einbringen. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Sitzung eine Mehrheit bekommen die Überlappungszone überprüfen lassen zu können. In der letzten Sitzung wurde unser Antrag lediglich der Verkehrskommission zugewiesen. Mit besten Grüßen, Alexander Spritzendorfer

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