Musik aus Österreich wird die Welt erobern!

Seit Conchita Wurst mit ihrer grandiosen Performance und einem großartigen Song den Songcontest gewonnen hat, ist „österreichische  Musik“ kein Oxymoron mehr! Die Sterne stehen offensichtlich gerade günstig, wie Phönix aus der Asche zu steigen.

Zuerst der Shitstorm auf Elke Lichteneggers entlarvende Offenheit über den Umgang von Ö3 mit Musik aus unserem Land, gefolgt von steigendem Druck auf den Sender, die bestehende 96%-Quote für „internationale“ Musik abzuschaffen.

Dann einige Tage später der Amadeus Award im Volkstheater, der ja im Vorfeld auch ziemlich unter Druck gekommen ist. Die Verleihung dieses Awards war heuer eine überzeugende Show mit beeindruckenden Liveauftritten von so unterschiedlichen und beeindruckenden Bands wie 5/8terl in Ehr´n oder Bilderbuch.

Und dann noch Conchita! Zumindest ein Jahr lang wird das Interesse der europäischen Musikszene jetzt vermehrt österreichischer Musik gelten. Und das weit über die üblichen kommerziellen Eurovisionskanäle hinaus. Auf dem Weg zum Mond schießt sich Conchita gerade in die Sterne!

Wie wird Österreich damit umgehen? Wollen wir aus dem Erfolg von Conchita beim Songcontest nachhaltig profitieren, so müssen die Medien und ganz besonders die öffentlich rechtlichen Sender unter dieser besonderen internationalen Beobachtung ihre Verantwortung gegenüber der heimischen Musikszene wahrnehmen! Ö3 muss seinen Anteil an Musik aus Österreich dringend erhöhen. Es gibt davon wahrlich genügend in bester – auch Ö3 tauglicher Qualität! Und der ORF muss nicht nur seine Streichung von Förderungen für den österreichischen Musikfonds zurücknehmen, er muss sich auch dringend ein taugliches Fernsehformat überlegen, das auch einer österreichischen Musikszene zugute kommt. Auch für gute Musikformate im TV hat es in letzter Zeit einige gute Beispiele gegeben (Sing meinen Song, Voice of Germany). Nicht zuletzt waren es solche Musik-TV Formate bei denen Christina Stürmer, Nadine Beiler und auch Conchita Wurst ihre Karrieren begonnen haben. Dass der Songcontest am 16. Mai 2015 in Österreich stattfinden wird, wird sicherlich auch die Debatte nach einer neuen Veranstaltungshalle in Wien befeuern. Im Wahljahr wird sich Michael Häupl die Gelegenheit einer solchen Bühne wohl kaum entgehen lassen.

20 Jahre bevor der Songcontest 2015 in Österreich stattfinden wird, vertrat 1995 Stella Jones Österreich in Dublin. Mein kleines Label Spray Records (längst in den Konzernarmen der Bertelsmänner verschieden) veröffentlichte damals „Die ganze Welt dreht sich verkehrt“ und Stella Jones belegte den respektablen 13. Platz. Es war damals keine Selbstverständlichkeit, dass Österreich von einer schwarzen Sängerin vertreten wurde und ich kann mich noch gut an die vielen Diskussionen erinnern. Heute sind wir zum Glück einen großen Schritt weiter und der Erfolg von Conchita Wurst wird viele weitere Türen und Fenster öffnen.

In den 90er Jahren gab es ein kurzes Zeitfenster in dem verkiffter und entschleunigter Kaffeehausbeat aus Wien die ganze Welt eroberte. Labels und Compilations aus allen Ländern rissen sich um den erfrischend neuen Sound aus Wien. Protagonisten wie Kruder & Dorfmeister, Sofa Surfers, Waldeck oder dZihan & Kamien repräsentierten ein anderes, ungewöhnliches aber um vieles interessantere Österreich. Der Trend verebbte, die Labels verschwanden und die Alben der vormals gehypten Künstler versanken in den Archiven. Das Beste was davon geblieben ist, ist der Musiksender FM4, der sich bis heute um das künstlerische Schaffen von Menschen die hier leben etwas schert. Gerade tut sich wieder ein großes Fenster für Musik- & Kunstschaffende aus Österreich auf. Bemühen wir uns, dass es offen bleibt!

No Responses to “Musik aus Österreich wird die Welt erobern!”

  1. Lieber Alexander,

    bin voll deiner Meinung!
    Es scheint jetzt so, als ob der ELKE „Sager“ gegen die heimische Musikkunst einiges losgetreten hat. Der ESC mit dem Sieg ist natürlich die krone darauf. Bleibt zu hoffen, dass der ORF und deren macher auch die Botschaft mitbekommen haben.

    Im Einsatz für mehr heimische Musik im ORF…

    lG

    Hubert waldner

  2. Lieber Alex,

    ein guter Artikel mit viel Esprit und Aussagekraft!
    Ich vermisse hier nur Radio Superfly – die ein anspruchsvolles Programm gestalten und auch bemüht sind, den Österreich-Anteil zu berücksichtigen, wie ich gerade jetzt am eigenen Leib mit „Pilots On Dope“ erlebe!

    Beste Grüße,
    Gerhard

  3. Alexander Spritzendorfer sagt:

    Lieber Gerhard, bin ganz Deiner Meinung, es gibt auch Positivbeispiele wie Superfly.fm aber zB auch Radio Wien, Ö1 und andere mehr. Bei den großen öffentlich-rechtlichen Tankern gibt’s aber Nachholbedarf, wie ich finde!

    Lg, Alexander

  4. Martin Payr sagt:

    das sind die Zahlen, die der ORF selbst der Musikergilde übermittelt hat – lg Martin
    http://www.musikergilde.at/de/Zeitung/Minus-Steigerung/ps-kommentare.html#.U3IV0ij6RrU

  5. Michael Lachsteiner sagt:

    nur mal so erwähnt: der entschleunigte Kaffeehaus-Beat ist quicklebendig auf http://www.lounge.fm – der Sender hat auch spontan einen eigenen Kanal nur für heimische Produktionen ins Leben gerufen: http://www.lounge.fm/austria 😉

  6. Honzo sagt:

    Also ich finde den ESC und alle die Kasperl, die da mitmachen, egal welcher sexueller Ausrichtung, zum Speiben!
    Tut mir leid, wenn ich da wem zu nahe trete, aber ich meine es ehrlich!

  7. sigi maron sagt:

    oh alexander wie recht du hast, aber der einzig würdige für kommendes jahr bin ich, das muss ja hier nicht extra gesagt werden

  8. Danke für diesen sehr treffenden Text! Trotzdem schade um die ganzen mittlerweile fast schon 2 Generationen österreichischer MusikerInnen, die ab ca. 1990 (als Ö3 den Schwenk machte und Fernsehsendungen wie Checkpoint Joesi eingestellt wurden) keine Karriere aufbauen konnten. FM4 war ein Lichtblick, hat aber meines Erachtens ein sehr enges Spektrum und ist auf seine Weise in Wahrheit langweilig und eintönig.
    Unsere Hoffnungen ruhen weiterhin auf Conchita Wurst. Offenbar hat übrigens mit ihrem Sieg oder einem erfolgreichen Abschneiden ihrerseits niemand wirklich gerechnet. Wie sonst ist es zu erklären, dass 3 Moante nach dem ESC noch immer kein Album in Sicht ist? Offenbar ist auch die österreichische Musikindustrie gar nicht mehr darauf ausgerichtet, dass es österreichische Stars gibt.

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