Maulkorb für die Grünen

Dass es mit den demokratiepolitischen Spielregeln in Niederösterreich schlecht bestellt ist, wissen nicht nur betroffene. Diesbezüglich kann man im Vergleich mit NÖ sogar Kärnten als vorbildlich bezeichnen. Heute lieferte die Mehrheitspartei unter Mithilfe von SPÖ, FPÖ und dem Landtagspräsidenten aber einen neuerlichen Beweis, dass es auch noch undemokratischer geht:

In der heutigen Präsidialsitzung des NÖ Landtages haben wochenlange Verhandlungen über eine mögliche Neuregelung zur Einberunfung von Aktuellen Stunden ein für uns jähes und auch überraschendes Ende genommen. Die Grüne Fraktion wurde informiert, dass es zwischen den Fraktionen von ÖVP, SPÖ und FPÖ zu einer Einigung gekommen ist, wonach die Aktuellen Stunden wie folgt verteilt werden: ÖVP 8, SPÖ 6, FPÖ 4, Grüne 0 !


Dazu die Vorgeschichte:
Die Geschäftsordnung des NÖ Landtages stammt im wesentlichen aus dem Jahr 1979 und einer Zeit eines 2 Parteien Systems. Seit die Grünen 1998 mit 2 Mandaten erstmals in den NÖ Landtag eingezogen sind haben wir zahlreiche Kritikpunkte an dieser Geschäftsordnung formuliert. Bei den Landtagswahlen 2003 erreichten die Grünen mit 4 Mandaten Klubstatus, die Geschäftsordnung sieht jedoch für die meisten wichtigen parlamentarischen Instrumente (wie Anträge) zumindest 6 Unterschriften von Abgeordneten vor.
Seit der Wahl 2008 haben 3 Parteien die vollen parlamentarischen Rechte (ÖVP, SPÖ und FPÖ), lediglich die Grünen haben – trotz Klubstatus – eingeschränkte Rechte und kaum parlamentarische Möglichkeiten.
Aufgrund dieser Geschäftsordnungsregelung kommt lediglich Regierungsparteien das Antragsrecht zu (mit 6 Abgeordeten im Haus steht einer Fraktion nach d´Hondt auch eines von 9 Regierungsmitgliedern zu), ebenso sind die Ausschüsse mit einer Größe von 9 Abgeordneten so angesetzt, dass die Grünen lediglich geduldete „ExpertInnen“ ohne Stimmrecht sind.
Für das Einbringen einer Aktuellen Stunde sind ebenfalls 6 Unterschriften notwendig, entsprechend regelmäßig hat die FPÖ seit der Konstituierung des Landtages von diesem ihr jetzt Zustehenden Instrument gebrauch gemacht. Gemäß Geschäftsordnug sind pro Sitzung maximal 2 Aktuelle Stunden zuläßig. Mit zunehmender Nutzung dieses Instrumentes durch die FPÖ erhöhte sich auch der Leidensdruck vor allem der ÖVP am Modell der Aktuellen Stunde zu arbeiten und dieses zu verändern, wobei in den Vorgesprächen immer klar war, dass eine künftige Regelung dieses Instruments für alle Fraktionen mit Klubstatus zur Verfügung stehen soll. Landtagspräsident Ing. Hans Penz hat daher die Klubdirektoren ersucht, eine einvernehmliche Lösung auszuarbeiten um die Aktuellen Stunden neu zu regeln, wobei auch eine Einigung auf präsidialer Ebene vorstellbar war, ohne eine Geschäftsordnungsänderung durchzuführen. Diesem Auftrag entsprechend haben die 4 Klubdirektoren folgendes Modell erarbeitet:
In 9 Landtagssitzung sind maximal 18 Aktuelle Stunden pro Jahr zu vergeben:
Jeder Fraktion mit Klubstatus stehen 2 Aktuelle Stunden pro Jahr zu. Die verbleibenden 10 Aktuellen Stunden werden nach d´Hondt aufgeteilt, ergibt ÖVP 6+2, SPÖ 3+2, FPÖ 1+2 und Grüne 2. Diesem Vorschlag hat die FPÖ ihre Zustimmung verwehrt, das es sie in der Nutzung dieses Instrumentes massiv beschnitten hätte. Der Grünen Fraktion wurde daraufhin der Vorschlag unterbreitet die Aktuellen Stunden durch präsidialen Beschluss wie folgt aufzuteilen: ÖVP 7, SPÖ 5, FPÖ 4, Grüne 2. Diesem Vorschlag haben wir mit dem Hinweis, dass das Kräfteverhältnis zwischen FPÖ und Grünen nicht korrekt abgebildet sei abgeleht, worauf die Regierungsparteien unter Ausschluss und gegen den Willen der Grünen den nunmehr paktierten Verteilungsschlüssel ÖVP 8, SPÖ 6, FPÖ 4, Grüne 0 festgelegt haben.
Tatsache ist, das im NÖ Landtag gewählte MandatarInnen ihren klassischen Aufgaben, für die sie gemäß Verhältniswahlrecht gewählt wurden (Anträge schreiben, etc…) trotz Klubstatus nicht nachkommen können, dass das Ergebnis des Verhältniswahlrechtes durch die Geschäftsordnung gebeugt, interpretiert und verhindert wird. Dies kann mit den Intentionen des Verfassungsgesetzgebers nicht mehr vereinbar sein. Die Grünen prüfen daher eine Verfassungsklage an den VfGH.

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