Kehlmanns „Lichtprobe“ erregt die Gemüter

Die Rede von Daniel Kehlmann zur Eröffnung der Salzburger Festspiele erregt die Gemüter, provoziert Widerspruch wie Unterstützung. Endlich wird über Theater wieder gestritten und damit erfüllt Kehlmann mit der Aufführung seiner Rede „Die Lichtprobe“ die zentrale Aufgabe von Schauspiel. Öffentlicher Diskurs über den gesellschaftlichen und künstlerischen Status Quo und eine angeregte Diskussion darüber.

Daniel Kehlmann rechnet in „Die Lichtprobe“ vermeintlich beleidigt mit den künstlerischen Umständen der letzten Jahre des Vaters ab und brüskiert eine selbstgefällige Theaterwelt mit der Feststellung, dass ihn eine Lichtprobe im Theater in der Josefstadt mehr beeindruckt habe als so manche Theateraufführung. Das kann natürlich nicht gut gehen. Wer solches nicht für sich behalten kann macht sich zum „Testimonial stumpfer Vorurteilsverbreitung“ oder betet ahnungslos auch noch die letzten Stereotypen aus der Mottenkiste des „Regietheater“-Hassers nach.

Nicolas Stemann, erfolgreicher Regisseur der Stücke von Elfriede Jelinek, nutzt seine Replik auf Kehlmanns Rede in der Süddeutschen („Wo gibts hier Spaghetti?“) um seine eigenen Inszenierungen als Gegenbeweis zum Kehlmannschen Rundumschlag anzubieten. Andrea Breth wiederum hält in den SN die durch Kehlmann provozierte Diskussion für „gut und wichtig für die sich selbstüberschätzende momentane Theaterszene“. Thomas Oberender wieder meint, die „Lichtprobe“ war „weniger eine Abrechnung mit dem Regietheater, als eine Warnung vor einem repressiven kulturellen Klima.“

Auch Robert Misik kommentiert in FS Misik 88 die Rede Kehlmanns kritisch.

Natürlich hätte Kehlmann seine Rede auch für andere Inhalte nutzen können, aber seine hat bewegt, hat  Widerspruch und Zustimmung provoziert und es wird von Menschen, denen das Theater offensichtlich etwas bedeutet über Theater diskutiert. Vielleicht stehen am Ende einer angeregten Diskussion steigende Besucherzahlen und Neugier, welchen Spiegel das Theater einer zunehmend selbstgefälligen, spießigen Gesellschaft mit der nächsten Inszenierung vorhält.

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