Bitte endlich eine Quote!

Grafik Anteil Musik aus ÖsterreichQuoten sind pfui. Mit diesem Einstieg in jede Diskussion, die den Versuch unternimmt, Entwicklungen über Quoten zu regulieren, ist die Diskussion meistens auch schon wieder beendet.  Das kann in einem freien Europa schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht funktionieren, rufen die Gegner empört. Wo bleibt der freie Markt, fragen sich die neoliberalen Deregulierungsfans.

Tatsache ist, dass die meisten europäischen Länder den Anteil an im jeweiligen Land produzierten Musik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehr wohl regeln, wie hier zu sehen ist. Wenn nicht mit einer gesetzlich verankerten Quote, dann zumindest mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung. In Österreich geht das nicht. Ebensowenig für Frauen in Vorstandsetagen, wie für Musik aus Österreich darf es Quoten geben. Quoten seien „ausgemachter Blödsinn“ und „protektionistisch“,  Musik entweder international oder schlecht und Ende der Diskussion!

Die Diskussion ist ebenso alt, wie der Versuch diese abzuwürgen. Seit Jahrzehnten führt unsere Musikszene ein permanentes Rückzugsgefecht gegen eine immer höhere „Quote“ aus Musik aus dem angloamerikanischen Raum. Die Verwertungsgesellschaften schaufeln jährlich Millionen Euros in die Kassen der multinationalen Unterhaltungskonzerne in London, Los Angeles und Berlin. Seit 20 Jahren ändert sich nichts, jedes Jahr sinkt der Anteil an Musik aus Österreich im Rundfunk. Das nenne ich protektionistisch. Während kein gesellschaftliches Großereignis in London ohne Beteiligung einer coolen britischen Band auskommt, wird ein gesellschaftliches Ereignis in Wien erst dann cool, wenn keine österreichische Band engagiert wird. Die Negativspirale an Präsenz & Image von Musik aus Österreich dreht sich permanent nach unten und hat ein Level erreicht, das jetzt aber wirklich nicht mehr zu unterbieten ist. Oder doch? Selbst die wenigen Bands die noch große Hallen füllen finden im Funk nicht statt. Kein Wunder, dass das Selbstvertrauen der Branche am Boden, der Gang zu den vermeintlichen Medienpartner ein gebückter ist. Soferne man sich den Weg dorthin überhaupt noch antut. Bringt eh nix, sagt ein resignierter Hausverstand.

Dabei ist die wirtschaftliche Kraft einer funktionierenden Musikszene evident: 1% mehr an Musik aus Österreich im Radio bedeutet eine Wertschöpfung von € 160 Mio. pro Jahr. Der Anteil von Musik aus Österreich im Radio hat sich aber seit 1990 halbiert! Österreich ist Schlußlicht in Europa und weltweit an drittletzter Stelle was den Anteil von heimischer Musik im Rundfunk betrifft.

„Das Besinnen auf Heimisches um seiner selbst Willen ist kein erstrebenswertes Ziel. Würde aufgrund von Quoten schlechtere Musik aus den öffentlich rechtlichen Lautsprechern tönen, wäre das wenig sinnvoll. Nur weil etwas aus Österreich ist, muss es noch nicht qualitativen Ansprüchen genügen.“ Diese Antwort hat der Grüne Parlamentsklub all jenen geschickt, die sich über die Position der Grünen zum Thema Musikquote informieren wollten. Hm. Großes Tennis. Würden aufgrund von Quoten Frauen ihre männerlichen Kollegen aus den Vorstandsfunktionen verdrängen, wäre das dann auch wenig sinnvoll? Oder sind Frauen für solche Einsätze weniger geeignet als Männer, so wie in dieser Antwort suggeriert wird, dass Musik aus Österreich für Einsätze im Radio weniger geeignet sei als Musik anderer Provenienz? Warum verwenden meine Grünen Argumentationsfloskeln gegen die sie in anderem Kontext berechtigterweise Sturm laufen, plötzlich selbst? Dem verzweifelten Ringen um Hörbarkeit, um ein wirtschaftliches Überleben ein „Besinnen auf heimisches um seiner selbst Willen“ zu unterstellen, zeugt leider auch nicht gerade von Verständnis, geschweige denn von Wertschätzung gegenüber Musikschaffenden, die zweifellos zu einem überdurchschnittlichen Teil zumindest einmal Grün gewählt haben, bevor sie aus dem grünen Dialogbüro erfahren durften, dass sie eigentlich für rechte Nationalpatrioten gehalten werden.

Der NÖ Landtag war hier mutiger und hat nicht nur einstimmig eine Resolution für mehr Musik aus Österreich im Rundfunk einstimmig verabschiedet, sondern wird sich im kommenden Kulturausschuss auch mit der Verankerung einer Musikförderung im ORF Gesetz beschäftigen.

One Response to “Bitte endlich eine Quote!”

  1. Gut gebrüllt, Löwe!
    Endlich merkt mal jemand, wie Österreich seit Jahren seine eigene Musikszene umbringt.
    Was mir noch fehlt ist die Benennung der Tatsache, dass – und die Analogie zur „Frauenquote“ stimmt hier ebenfalls – durch diese Art der Negierung notwendiger Weise auch das Potenzial an sich geschwächt wird. Was man nicht unterstützt sondern im Gegenteil bewusst ausgrenzt, wird sich nicht so leicht entwickeln und dadurch auch verbessern können – das nennt man dann self-fulfilling-prophecy.

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