Amadeus Award 2009 – eine Nachlese

Heute vor einer Woche wurde der Amadeus Award 2009 verliehen. Nach nur einer Woche liegt die Veranstaltung gefühlte Monate zurück. Eine mediale Nachberichterstattung hat so gut wie nicht statt gefunden, weder in den Medien noch im Web. Vielleicht kann dieser durchaus provokante Blog den Amadeus 2009 noch einmal in die Diskussion zurückholen.

Der Amadeus Award, heuer erst zum 10. mal verliehen, ist zweifellos wichtig. Zumindest ein Mal im Jahr feiert die Musikbranche sich selbst und ihre erfolgreichsten und besten Künstlerinnen & Künstler. Dieses Jahr erstmals mit neuem Konzept und rundum erneuert in der schick adaptierten Halle E im MQ.

Trotz allen Bemühungen schaffte es die Veranstaltung nicht, den wahren Zustand der österreichischen Musikbranche hinter den Kulissen zu verstecken und machte den Eindruck einer Abschlussparty, bei der sich die Musikszene von sich selbst verabschiedet. Zu Feiern gibts schon lange nichts mehr in einem Land, das seine lebenden KünstlerInnen behandelt wie lästig gewordene Bittsteller.  Der großartige Michael Ostrowski versagte charmant das professionell coole Publikum anzuheizen, die Trauergemeinde leistete erfolgreich Widerstand.

Zu viele Kategorien, in denen zu viele KünstlerInnen zu kurz, manche dafür doppelt präsentiert wurden, sorgten erfolgreich dafür, keinen Eindruck einer österreichischen Musikszene zu hinterlassen. Mit der wortlosen Entgegennahme des Awards durch die gestylte Soap & Skin wehte kurz ein Hauch kreativer Verrücktheit großen Stils durch den Saal, die Strottern fanden bei ihrer netten Dankesrede die richtigen Worte und die Preisträgerin Anna F. bedankte sich sichtlich gerührt bei Lenny Kravitz, Raiffeisen und Red Bull.

Musikalisch war der überzeugende Auftritt von Vera mein persönliches Highlight des Abends. In der Königskategorie „Album des Jahres“ ging der etwas eigenwillige Glastrichter Award an die symphatische Band Herbstrock. Das große Finale, ein Tribute an den verstorbenen Hansi Lang mit seinem Hit „Keine Angst“ wurde zur autosuggestiven Botschaft einer Branche die das Stadium der Panik längst hinter sich gelassen hat. Publikum wie Musiker trösteten sich nach Semino Rossi und The Sorrow bei Eberhard Forchers Disko erfolgreich mit Gratisalkohol. Aus der Hasenperspektive ein fliegendes Fest mit „15 minutes of fame“ für so manche Band, von deren Existenz selbst das anwesende Fachpublikum erst durch die Preisverleihung erfuhr.

Aber wie kann sich eine Szene, die seit Jahren erfolgreich aus der öffentlichen Wahrnehmung des Landes gedrängt wird, selbstbewußt feiern, wenn es nichts zu feiern gibt? Ohne Erfolge im Inland braucht man an Erfolge im Ausland erst gar nicht zu denken.  Wer etwas erreichen will tauscht somit oft das Inland mit dem Ausland und folgt der österreichischen Tradition der Emigration. Achselzuckend scheint dieser kreative „braindrain“ hingenommen zu werden, wenn er von einer völlig abwesenden Politik überhaupt zur Kenntnis genommen wird. Die scharfzüngig formulierte, aber bösartige Häme der Marke Schachinger, dieser wankenden Szene noch einen Schlag zu versetzen, paßt nur allzu gut in das Bild einer Medienlandschaft die aufgehört hat seriös über die Musikszene zu berichten. Und auch die Szene selbst sorgt achtsam dafür, niemanden allzu berühmt werden zu lassen. Das angloamerikanische „I know him, he´s great“, könnte man auf Wienerisch mit „Den kenn I, des is a Trottel“ übersetzen. Bemerkenswert ist, wie wenig der heurige Amadeus die Zeitungen, aber auch die Blogs und Foren beschäftigt hat. Nicht einmal dem Falter, der letzte Woche noch sein Cover der „derzeit aufregendsten Rockband“ Österreichs gewidmet hatte, ist der Amadeus diese Woche ein paar Zeilen wert. Eine der wenigen treffenden und lesenswerten Analysen hat Walter Gröbchen im präsidentiellen „einerseits-andererseits“ Stil beigetragen und mir damit aus der Seele geschrieben.

Was diese Branche braucht ist ein neues Selbstbewußtsein, das ohne systematische Unterstützung die zahlreichen Talente dieses Landes über eine Wahrnehmungsschwelle zu heben, nicht mehr herstellbar ist. Der ORF, selbst mit massiven Problemen konfrontiert rechtfertigt seine Existenz dieser Tage gerne mit seinem „österreichischen Programm“ , seinen „regionalen Schwerpunkten“ und interessanterweise mit seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag.  Mit einem Anteil von gerade einmal 3% österreichischer Musik auf Ö3 eine geradezu zynische Argumentation. Jedenfalls muss 2010 der ORF beim Amadeus wieder an Bord sein.

Der Amadeus 2010 wird aus den Fehlern des heurigen Jahres sicherlich lernen und hoffentlich wieder mehr „Glamour“ verbreiten, einer unabdingbaren Zutat im Showbuisness. Mein persönliches Ziel ist es, diese mir so wichtige und geschätzte Szene aus einer politisch einflussreichen Position bestmöglich unterstützen zu können und langfristig Auftrieb zu geben.

3 Responses to “Amadeus Award 2009 – eine Nachlese”

  1. georg sagt:

    du hast sicher mit einigen einschätzungen recht.
    ich war ja nicht dort, aber wenn man die diversen nachlesen liest, hat man den eindruck, dass der amadeus halt ein szeneevent war. die frage ist, ist das schlecht? und braucht´s mehr? wenn der anspruch war, ein weithin beachtetes musikevent daraus zu machen, dann brauch´s sicher auch sowas wie internationalität und idealerweise stars. aber ich glaub, das war nicht der anspruch. vielleicht passt es auch einfahc nicht zusammen, die seer, semino rossi, marc picher mit acts marke peter fox oder muse (ok, lassen wir die gottheiten mal aus;) zu vermischen.
    wo ich deinen eindruck nicht ganz teile, ist, dass die österreich musik so wenig medienpräsenz erhaltne würde. mein eindruck ist, es wird viel mehr berichtet als vor einigen jahren noch. uns es gibt auch mehr zu berichten. das superstar prinzip gibts halt in der form nimmer, obwohl soap & skin und einige andere auch international beachtet werden. aber auch die oft gescholtenen fluchs und schachingers haben einen genauen blick auf die österr. szene und das mit durchaus positvem zugang. auf einer bestimmen ebene ist die österr. musiklandschaft nicht übel aufgstellt. kommerziell ists weiterhin schwer.
    über ö3 kann ich nix sagen, ehrlicherweise.

  2. Danke!

    Endlich ein Kommentar, der etwas tiefer blickt, und vorallem sich mit der derzeitigen Situation der österr. Musikszene (oder den Szenen) auseinandersetzt.

    Dass der Falter sich zu schad für einen Artikel und eine Analyse war, hat mich als Abonnent ebenfalls enttäuscht.

  3. alexander sagt:

    beim Falter muss ich mich entschuldigen, da ich den Bericht über den Amadeus von Gerhard Stöger auf Seite 6 überlesen habe.

Leave a Reply